Auch wenn wir mittlerweile schon wieder seit einigen Tagen zurück in der heimischen Republik sind, so haben wir doch noch eine Geschichte zu Ende zu erzählen. Das wollen wir euch natürlich nicht schuldig bleiben.

Von Kambodscha aus starteten wir eine Reise zurück in die „Zivilisation“. Diese begann in Malaysia. Dort erholten wir uns bei wunderschönen Treckingtouren durch die Wälder und Teeanbaugebiete der Cameron Highlands. Erfrischende Temperaturen und relative Abwesentheit anderer Zweibeiner waren das perfekte Kontrastprogramm zur Dauerhitze und dem Eindrucksüberfluss der vorangegangenen Wochen.

In Georgetown auf der südwestlich gelegenen Insel Penang brannte dann wieder der Planet unerbittlich auf uns nieder. Wir erkundeten die durch koloniale, chinesische und indische Einflüsse vielfältig geprägte Stadt und flohen im Temperaturnotfall in klimatisiertes Hitzeasyl in eines der zahlreichen Einkaufszentren.

Von Georgetown ging es weiter in einer gefühlt unendlichen Minibusfahrt über die Grenze nach Thailand – wo wir uns den letzten Einreisestempel unserer Reise holten – nach Krabi.

Krabi und Umgebung mit ihrer durch bizarre Kalksteinformationen gekennzeichneten Landschaft ist einer der wichtigsten Touristenmagnete Thailands. Und so machten wir das, was alle anderen dort auch tun – Urlaub. Auch wenn die unweigerlich allgegenwärtigen Pauschaltouristen in ihrer schieren Häufigkeit ein bisschen schwer zu ertragen waren, ist Krabi trotzdem die spektakulärste Ecke Thailands, die wir gesehen haben und definitiv einen Besuch wert – vor allem unter Wasser.

Den finalen Schritt in Richtung Zivilisation gingen wir schließlich in Bangkok. Dort bezogen wir ein richtiges Appartement, mit Küche, funktionierender Dusche, Fernseher, WLAN und anderen Annehmlichkeiten. Der perfekte Ort, um am Abend seine geschundenen Füßen eine Entspannungspause zu gönnen. Diese wurden während unseres 5-tägigen Aufenthalts auch wirklich schwer beansprucht, stand doch unser Aufenthalt unter dem Zeichen, jede auch noch so kleine Lücke in unseren Rucksäcken mit Souvenirs und Schnäppchen zu befüllen.

Und dann war er da – der große Tag. Mit gemischten Gefühlen und vollbepackt wie zwei südamerikanische Andenesel ging es auf den langen Weg nach Hause. Etappe 1 unserer Rückreise brachte uns nach Singapur. Dort saßen wir acht Stunden wie paralisiert im Transfer-Bereich des Flughafens und wussten vor lauter Emotions-Spaghetti in Kopf und Bauch kaum was zu denken oder zu tun. Spätere Versuche unsere Gespräche aus dieser Wartezeit zu rekonstruieren blieben erfolglos. Da insofern ohnehin nicht mehr viel zu verlieren war, genossen wir im Flieger reichlich von dem so lange vermissten Schaumwein in der Hoffnung auf langen, flugverkürzenden Schlaf. Die Rechnung ging leider nicht so ganz auf und so sahen wir bei unserer Ankunft in Frankfurt wahrscheinlich nicht mehr so ganz taufrisch aus.

Wirklich belebend wirkte dann aber die deutsche Kulturlandschaft auf uns. Mit dem Zug ging es vorbei an sich träge dahinwindenden Flüssen, idyllischen Fachwerkstädte und ordentlich gepflegten deutschen Bahnhöfen. Auf einmal konnte auch Lüneburg durchaus mit dem Exotikfaktor eines laotischen Bauerndorfs konkurrieren.

Übernächtigt, glücklich, verwirrt, traurig, … kamen wir in Hamburg an und wurden überraschend von ein paar lieben Freunden mit noch mehr Schaumwein am Bahnhof empfangen. Schön diese Welt „Zuhause“ nennen zu dürfen – auch nach über 30 Stunden Reise.

Jetzt beschreiten wir gerade den letzten Teil unserer Reise und schauen uns mit fremd gewordenen Augen unsere heimatliche Republik an. Ein tolles und spannendes Reiseland, wenn man immer noch so ein bisschen von außen guckt. Bislang sind uns begegnet: lebendige „deutsche“ Klischees, nette und hilfsbereite Menschen, toller Service, der so gar nicht an Wüste erinnert, und vor allem ein unheimlich hübsches und blitzesauberes Land. Schon seltsam, wenn man in einem typischen Bilderbuchstädtchen wie Speyer mit dem Unesco–geadelten Dom im Rücken steht und sich vorstellt, wie eine solche Kulisse auf einen Kambodschaner wirken würde. Manchmal fragen wir uns, ob all das was wir in den letzen Monaten erlebt haben, wirklich auf ein und demselben Planeten stattgefunden hat.

Doch all diese Reiseidylle kann natürlich nicht verhindern, dass uns peu-a-peu die heimatliche Realität wieder einholt und langsam müssen wir uns wohl an den Gedanken eines – wie man es so schön nennt – „geregelten“ Lebens gewöhnen. Klar ist aber, dass wir unheilbar mit dem Fernwehvirus infiziert sind…

… so wird es sicherlich in nicht allzu weiter Ferne Neues hier zu lesen geben.

P.S.: Uns ist nicht etwa zum Ende unserer Reise die Motivation zum Fotografieren ausgegangen. Der Grund warum dieser Beitrag keine Bilder hat ist der, dass uns sozusagen auf den letzten Metern doch noch der Virusteufel erwischt und eine Speicherkarte platt gemacht hat. Vielleicht gelingt es uns ja noch doch etwas wiederherzustellen und wenn dem so, wird natürlich prompt nachgeliefert. Ansonsten hat eine Feldstudie bei Flickr ergeben, dass auch andere Leute ganz hübsche Fotos von unseren finalen Reisezielen gemacht haben.

Vorweggenommen sei, dass Kambodscha wohl das extremste und wiederspruechlichste Land unserer Reise war. Da war relativ schnell nach dem Uberqueren der laotisch-kambodschanischen Grenze klar. Nach einer dreistuendigen Busfahrt auf kambodschanischen Boden erreichten wir Kratie. Laut Reisefuehrer eine Perle im Norden des Landes. Faktisch das wohl dreckigste Kaff unser bisherigen Reise. Also war es kein Wunder, dass wir nach einer Nacht schnell wieder das Weite suchten.

Also ging es wieder in den Bus und stundenlang durch Staedte und Doerfer, die die Ableger Kraties zu sein schienen. Nach zwei Stunden Fahrt hielt unser Busfahrer an einer Raststaette, zumindest haette er das behauptet. In unseren Augen erinnerte die Ansammlung von ueblen Geruechen, Abfall, Kuechenchaos und Ungeziefer eher an eine Muellhalde. Langsam setzte ein komsiches Gefuehl ein, ob Kambodscha das Land sei, von dem uns so viele Leute begeistert erzaehlt hatten. Die Sorge wurde durch die Tatsache, dass uns ein Freund Olis hier fuer drei Wochen “besuchen” wird, nicht gerade gemindert.

Ein bisschen besser ging es uns aber schon als wir in Kampong Cham ankamen. Die Stadt ist keine wirklich Schoenheit, verglichen aber mit unseren bisherigen Eindruecken eine echte Erleichterung. Richtig versoehnt waren wir spaetestens dann mit Kambodscha, als das Land sich bei einem Fahrradausflug auf eine Mekonginsel von seiner absoluten Schockoladenseite zeigte. Wie wir noch feststellen sollten, liegt der Zauber Kambodschas ausserhalb seiner Staedte in den laendlichen Gebieten, in denen die Zeit still zu stehen scheint. So begegneten uns auf besagter Mekonginsel neben bunten Holzhaeusern und wogenden Tabakfeldern, freundliche Menschen und neugierige Schueler, die jede Gelegenheit nutzen, um ihre Englischkenntnisse in der Praxis zu erproben.

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Von der laendlichen Idylle ging es weiter nach Phnom Penh, wo wir wenige Stunden spaeter Olis Studienfreund Oli, nennen wir ihn der Einfachkeit halber Oli2, trafen. Dort spulten wir in den ersten Tagen unserer Dreisamkeit das uebliche asiatische Touristenprogramm von Tempeln, Koengispalaesten und Maerkten ab. Jedes von dem genannten kann man wahrscheinlich in anderen Staedten Asiens schoener und beeindruckender erleben. Seinen ganz eigenen Charm entfaltet Phnom Penh eher jenseits der touristischen Highlights, in seinen dunklen, chaotischen Gassen, in denen das alltaegliche Leben pulisert. An klapprigen Staenden wird gegessen und ueber das Tagesgeschehen diskutiert, bunte Waesche trocknet auf Balkonen, Kinder werden auf dem Gehweg mit dem Gartenschlauch geduscht und in duesteren Hinterhoefen wird in grell-bunten Zelten geheiratet. Aber auch die Kehrseite des grossstaedtischen Lebens ist kaum zu uebersehen: Kloake, Dreck, bettelnde Kinder und obdachlose Familien.

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Das naechste Ziel auf unserer Reiseroute war Siam Reap, der Ort, den wohl kaum ein Kambodschareisender auslaesst. Insofern besteht der Ort praktisch aus zwei Parallelwelten, einer fuer die westlichen Touristen, die in Scharen in die Stadt kommen um die Ankor-Tempel zu sehen und einer in der das einfache Leben der Einwohner spielt. Fuer uns bedeutete Siam Reap natuerlich vor allem eins: drei Tage Extrem-Tempel-Gucken und sich dabei die Fuesse wund laufen. Angesichts Temperaturen von ueber 36 Grad ein schweisstreibendes und sehr anstrengendes Erlebniss. Das die Muehen aber auf jeden Fall wert war. In der Ankorregionen stehen ca. 170 Tempel, deren fruehesten aus dem 9. Jahrhundert stammen. Wir haben natuerlich nur einen Bruchteil davon gesehen und selbst mit diesem unvollstaendigen Eindruck ist und war es uns unvorstellbar, wie diese architektonischen und kuenstlerischen Meisterleistungen zu einer so fruehen Zeit vollbracht worden sind. Auf einer Flaeche, die ungefaehr dem Saarland entspricht, stehen Tempelanlagen aus Sandstein, die mit Reliefs, Statuen und Skulturen ueber und ueber geschmueckt sind. Diese architektonischen Wunderwerke, deren frueheren Glanz man nur noch erahnen kann, stehen in seltsamen Kontrast zu der heutigen kambodschanischen Architektur. Diese besteht im besten Falll aus grell-bunten, kitschigen Betonbauten oder traditionellen Holzhaeusern, in vielen Faellen aber aus einfachsten Strohhuetten oder sogar nur aus Plastikplanen.

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Einige besonders schlichte Zeugnisse moderner kambodschanischer Bauweise begegneten uns waehrend einer zehnstuendigen Bootsfahrt von Siam Reap nach Battambang. Der Weg fuehrte uns ein kleines Stueck ueber den Tonle Sap-See, den groessten See des Landes, und vor allem entlang seiner Zufluesse. Dabei passierten wir bunte, schwimmende Doerfer, winzige Hausboote und einfachste Fischersiedlungen, die die Flussufer saeumten. Einige der Siedlungen bestanden aus nicht viel mehr als ein paar provisorischen Holzgeruesten , die zusammen mit Plastikplanen und Wellblechen eine notduerftig Bleibe schufen. War schon die Armut der Bewohner dieser “Haeuser” bedrueckend, so waren wir voellig entsetzt als wir uns Battambang naeherten. Die staedtische Infrastruktur schickte ihre Boten in Form von Muellbergen voraus. Inmitten von Plastiktueten, Coladosen, Treibgut und anderen Ueberbleibseln urbanen Lebens sassen nackte Kinder am Ufer des Flusses oder planschten gar vergnuegt in selbigem. Wir haetten wohl nicht mal den grossen Zehen in die Bruehe halten wollen.

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Voller Eindruecke und Emotionen verliessen wir am naechten Tag Battambang und fuhren weiter ueber Pursat nach Veal Veng. Vael Veng ist ein kleines Dorf am Rande der Cardamon Mountains und einzig ueber eine eine schlechte Staubstrasse zu erreichen. Entsprechend verirren sich nur wenige Touristen dort hin. Wir nahmen aber die langwierige und markerschuetternde Taxifahrt auf uns und wurden mit beeindruckender Natur und netten zwischenmenschlichen Kontakten belohnt. Bei einem Spaziergang lud uns ein netter Herr unter sein Haus ein. so wie in Laos findet das Familienleben hauptsaechlich im Schatten der auf Stelzen gebauten Haeuser statt. Schnell wurde die beste Strohmatte fuer uns ausgerollt und obwohl wir keine gemeinsame Sprache sprachen, haben wir uns irgendwie nett unterhalten.

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Das Informationen in einem Land wie Kambodscha selten verlaesslich sind, lernten wir ausserdem spaetestens in Veal Veng kennen. Die Strasse, die uns eigentlich an die Kueste fuehren sollte, exisitierte irgendwie noch nicht ganz und wurde anscheinend gerade erst gebaut. so ganz genau liess sich das nicht klaeren. Uns blieb also nichts anderes uebrig als wiederum die Schlaglochfahrt zurueck nach Pursat auf uns zu nehmen. Als waere das allein nicht schon unangenehm genug gewesen, ueberfuhr unser idiotischer Taxifahrer auch noch einen kleinen Hund, der sich nicht schnell genug aus dem Staub gemacht hatte. Aber offensichtlich stoerte das ausser drei wortlos bestuerzten Touristen niemanden. Den Rest des Tages verbrachten wir mit betruebter Laune in verschiedenen Transportmitteln, bis wir endlich nach Einbruch der Dunkelheit Sihanoukville erreichten.

Sihanoukville ist der erste Strandbadeort Kambodschas. Hier prallen die Gegensaetze nur so aufeinander. 5-Sterne-Ressorts neben improvisierten Zeltunterkuenften, in denen die Bauarbeiter hausen, die bereits die naechste Luxusunterkunft bauen. Kambodschanische Bauersfrauen im Pyjama, die auf dem Markt ihre Ernte verkaufen, neben Restaurants, die Pizzas mit “Happy Mushroom” verkaufen. Fette englische Touristinnen, die wie gestrandete Walroesser den Strand bevoelkern und Sextouristen, die ebendiese Walroesser zu Hause zu vergessen suchen. Banaler Massentourismus im Dritte-Welt-Land. Wir fluechteten in quirrlige Fischerdoerfer und schoene Nationalparks und zogen dann weiter nach Kampot.

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Kampot entpuppte sich als Liebe auf den zweiten Blick. Auch wenn die Stadt sich kaum von anderen kambodschanischen Staedten unterscheidet, verstroemt sie entlang ihres Flussufers mit verwitterten Kolonialbauten, kleinen Restaurants und netten Menschen einen heimeligen Charm. Wie immer ist aber das Umland das eigentlich Reizvolle. Wir unternahmen ein paar wunderschoene Ausfluge mit Fahrrad und TukTuk in die naehrere Umgebung. Dabei entdeckten wir spannende Hoehlen, unendliche palmengesaeumte Reisfelder, Seen und lernten netten Menschen kennen. Vor allem vor den Hoehlen konnten wir uns kaum vor einem Uberangebot minderjaehriger Guides, die uns ihre Dienste anboten, retten. Zu dem besonderen Stolz Kampots zaehlt die Pfeffer- und Salzproduktion. Insbesondere letztere schien mancherorts bis zum Horizont zu reichen. Aber auch hier konnte die Bilderbuchidylle nicht ueber die offensichtliche Armut und den schlechten Ausbildungsstand der Einwohner hinwegtaeuschen. Wenn letzteres zugegebnermassen manchmal unseren letzten Nerv kostete, so war die Armut und der katastrophale gesundheitliche Zustand vieler Kinder nur schwer zu ertragen und liess uns oft fassungs- und hilflos zurueck.

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Nachdem wir Oli2 am Flughafen nach unheimlich schnell verflogenen drei Wochen verabschiedet hatten, verbrachten wir noch zwei Tage in Phnom Penh. Dabei gaben wir uns mit einem Besuch im Tuol Sleng-Museum, das ueber den Genuzid unter der Roten-Khmer-Herrschaft informiert, den Rest. Bei diesem Genuzid wurden in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ueber 2 Millionen Menschen des eigenen Volkes auf barbarische Art und Weise getoetet. Nach ihrer schweren Vergangenheit gepraegt von Buergerkrieg und sozialistischer Herrschaft und den noch immer schwierigen Lebensbedingungen, ist es fast verwunderlich, welchen Optimus und welche Lebensfreunde die Khmer (Kambodschaner) heute ausstrahlen.

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Viele spanndende Projekte wie z.b. Friends, die sich um Strassenkinder bemuehen und ein grossartiges Restaurant haben (www.streetfriends.org), und EpicArts, die behinderten Kindern Perspektiven aufzeigen (www.epicarts.org.uk), und die unglaubliche Wissbegierde der junge Menschen, werden hoffentlich fuer eine bessere Zukunft dieses wunderschoenen Landes sorgen.

Tief bewegt aber auch ehrlicherweise dankbar fuer die Aussicht auf eine wesentlich komfortable Infrastuktur und leckeres Essen machten wir uns auf den Weg nach Malaysia.